Ein AfD-Verbot ist kein Allheilmittel – dennoch so wichtig

Am 11.10.24 organisierte die Linksjugend Dresden eine Demo für ein AfD-Verbot. Wir beteiligten uns mit folgender Rede:
“Die Isolation, fast 24 Stunden alleine, eine Kamera, die jede meiner Bewegungen erfasst. Täglich in Fesseln gelegt und von Kopf bis Fuß durchsucht zu werden, Beamte, die uns bloß verwalten, der fehlende Kontakt zu Menschen, die Liste ist lang … Es ist ein Gift, das sich langsam im Körper ausbreitet, es lähmt, erzählt, es gäbe keine Alternative dazu es hinzunehmen, dazu diese entmenschlichende Prozedur von Repression und Knast mitzumachen. Es sät Zweifel, Zweifel, die in mir fast schon so groß geworden sind, dass ich diese Zeilen nicht beginnen wollte.”
Dieses Zitat stammen aus einem Grußwort der Antifaschist*in Maja, die seit Monaten unter Bedingungen der weißen (=unsichtbaren/unnachweisbaren) Folter in Ungarn in Isolationshaft sitzt. In einem Land mit starken autokratischen Zügen und menschenunwürdigen Haftbedingungen. Ein Land ganz nach dem Ideal der AfD, das ein Klima des Hasses gegen Geflüchtete, Linke und queere Menschen nährt. Hier arbeitet die Regierung schon seit Jahren an der Demontage der Demokratie. Die Pressefreiheit wird eingeschränkt, die Gewaltenteilung untergraben und die unabhängige Justiz in Ungarn ist unter Orbán auch Geschichte. Hier werden Prozesse inszeniert und linke politische Gefangene erniedrigt.
Während unseren Genoss*innen in Ungarn bis zu 24 Jahre “Zuchthaus” drohen, werden dort unter anderem wegen Brand- und Sprengstoffanschlägen verurteilte Rechtsterrorist*innen begnadigt und freigelassen. 
Und obwohl all dies den Deutschen Behörden bekannt war, entschied man Maja im Juli diesen Jahres trotz eines laufenden Eilantrags vor dem Bundesverfassungsgericht in mitten in der Nacht mit Hand- und Fußfesseln, einem Sack über dem Kopf und ohne die Möglichkeit etwas zu trinken nach Ungarn zu entführen. Man entschied, eine queere, non-binäre Person wie Maja einem queerfeindlichen System zu übergeben, in dem die Person allein aufgrund ihrer Identität großer Schikane, Entrechtung und Diskriminierung ausgesetzt ist.
Dieser Fall hat für einen großen Aufschrei in der linken Bewegung gesorgt.
Es braucht offensichtlich nicht mal die AfD in der Regierung, damit der deutsche Rechtsstaat seine Rechtstaatlichkeit abbaut.
Maja sagt dazu: “Ja, meine Auslieferung konnte nicht verhindert werden, obwohl die Behörden bestens wissen wie inhuman die Zustände hier sind, wie weit Ungarn die Rechtsstaatlichkeit bereits abhanden gekommen ist und wie wenig EU-Richtlinien hier wert sind. Es war blindes Kalkül, blind nur für die Opfer die es bringt, sie wollten brechen und Menschen zur Erschöpfung bringen, rechtsstaatliche Prozesse sind LKA und ihren Staatsanwält*innen schon lange ein Dorn im Auge.”
Doch sollte die AfD in Deutschland 2025 an die Macht kommen, wird es für eine unrechtmäßige, diskriminierende und erniedrigende Gefangenschaft linker Aktivist*innen und Schauprozesse keine Auslieferung in einen (anderen) autokratischen, menschenfeindlichen Staat mehr benötigen. 
Deswegen sprechen wir uns als Antifascista Dresden für ein AfD-Verbot aus.
Eine in drei Landesverbänden als gesichert rechtsextrem eingestufte Partei mit verfassungsfeindlichen Bestrebung sollte auf keinen Fall in Regierungsverantwortung kommen können. Es ist wichtig dem Faschismus den institutionellen, parlamentarischen Arm wegzunehmen.  
Wir sehen ein AfD-Verbot jedoch nur als Übergangslösung an, um diese eine quotenstarke, rechtsextreme Partei 2025 am Regieren zu hindern. Denn ein Symptom zu verbieten bekämpft nicht die Ursachen. Die wahren Probleme unserer Gesellschaft, die für die eigentliche Radikalisierung verantwortlich sind, lassen sich nicht einfach verbieten. Sie müssen aktiv bekämpft werden. 
Wir müssen dem Faschismus den Nährboden aus sozialer Ungleichheit, Abstiegsängsten und Vereinsamung entziehen. 
Es liegt aber nicht nur an der Angst vor sozialen Abstieg oder einer einfachen Protestwahl, dass Faschist*innen gewählt werden. Wer Faschist*innen wählt, wählt sie aus Überzeugung, aus rassistischen, völkischen, antifeministischen Überzeugungen. Die Verschränkung dieser Ideologien mit sozioökonomischen Ursachen müssen wir begreifen, um den Faschismus im Keim zu ersticken. 
Währenddessen mangelt es an überzeugenden, revolutionär-linken Alternativen, obwohl diese dringend benötigt werden. Denn auch die Parteien, die aktuell in Regierungsverantwortung sind, schlagen in die selbe Kerbe wie die AfD (und sind damit spätestens dieses Jahr unwählbar geworden). Verantwortungen für soziale und ökonomische Notstände werden auf die schwächsten unserer Gesellschaft abgewälzt, über die ursächlichen Probleme verliert man nicht mehr als hohle Phrasen.
Doch auch Die LINKE hat sich in vielerlei Hinsicht ins Abseits gebracht. Es fehlt an vielen, und leider genau an den wichtigen Stellen an Rückgrat, Ideen und Überzeugungskraft. So toleriert sie in Regierungsverantwortung Abschiebungen oder fordert, wie der Landesverband Berlin, “mehr Polizei auf der Straße”. Sie findet kaum mehr Anklang, selbst bei der ostdeutschen Bevölkerung. Das Vertrauen ist weg.
Wir sind überzeugt, dass dieser Karren nicht rechtzeitig aus dem Dreck gezogen werden kann. Stattdessen braucht es neuartige Wege. Eine wirkliche, breite revolutionär-linke Bewegung. 
Denn ohne eine überzeugende, linke Zukunftsvision wird sich der verheerende Rechtsruck nicht aufhalten lassen. Der Feind eines guten Lebens für alle sitzt nicht im Rettungsboot auf dem Mittelmeer, er sitzt hinter getönten Scheiben und in den Vorständen ausbeuterischer, kapitalistischer Konzerne! Wir dürfen uns davon nicht ablenken lassen. Wir sehen es als eine langfristig vielversprechende Aufgabe der linken Bewegung, unsere von der Masse als unmöglich verschrienen “Utopie” zu entwickeln, sie alltäglich zu leben und anderen Menschen nahe zu bringen. Solidarität, Gleichheit, Gerechtigkeit. Die Orientierung an menschlichen Bedürfnissen und nicht an kapitalistischen Hirngespinsten. Es wird dringend Zeit, das große Ganze ins Auge zu fassen und aktiv und geeint gegen jegliche Form der Diskriminierung und Entmenschlichung aufzubegehren. 
Jeder Mensch von uns kennt die Frage: “Was hättest du damals gemacht?”. Fast ein Drittel der Befragten (30,4 %) gaben 2020 an, dass sie wahrscheinlich aktiv Widerstand gegen den Nationalsozialismus geleistet hätten. Tatsächlich gab es damals nur ca. 10.000 aktive Retter- und Helfer*innen. Doch selbst wenn man eine extrem hohe Dunkelziffer annimmt und von sogar 100.000 Menschen ausgeht, die NS-Verfolgten geholfen haben, ergibt das einen Anteil von 0,16 Prozent!
Also, aktualisieren wir die Frage: Was machst du jetzt?
Schau nicht weg. Versack nicht in Hoffnungslosigkeit. Lass dich von der Angst nicht lähmen.
Organisier dich und werde ungemütlich. Bekämpfe den Faschismus, wie und wo immer du kannst. Inner- wie außerparlamentarisch.
Wie Berthold Brecht einst sagte: “Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt, und läßt andere kämpfen für seine Sache, der muß sich vorsehen: Denn wer den Kampf nicht geteilt hat, der wird teilen die Niederlage. Nicht einmal Kampf vermeidet, wer den Kampf vermeiden will, denn er wird kämpfen für die Sache des Feindes, wer für seine eigene Sache nicht gekämpft hat.”
Alerta